Ein Tag in Liverpool (12.-14.04.2015)

Dienstag, 14.04.2015

Was ging bitte am Sonntag mit dem Wetter?! Morgens war es plötzlich nur noch gerade mal so 1 ° und es begann zu schneien! Zwar nur Schneeregen, aber trotzdem. Was für ein Aprilwetter hier 😀

Jedenfalls war es einfach eiskalt, auch im Haus von Rosys Schwester. Ich weiß nicht warum, aber die haben etwas am heizen gespart und in einem so alten Haus muss man glaube ich (war jedenfalls mal in Koblenz so) immer gut heizen, damit es warm ist.

Nach dem Lunch sind wir dann nach Liverpool gefahren. Am Freitag war mir im Auto nach Rosys Nachfrage kein einziges deutsches Kinderlied eingefallen. Samstag Abend habe ich dann aber mit meinem meinem lieben Matthias telefoniert und er hat mich dann an alle Kinderlieder erinnert :) Also konnte ich auf der Fahrt nach Liverpool so einiges zum Besten geben (z.B. Alle Vöglein sind schon da, Ein Männlein steht im Walde, Dornröschen war ein schönes Kind, Hänschen Klein). So ging die zweistündige Fahrt auch schnell rum.

In Liverpool angekommen habe ich dann Rosys Eltern und zum Tee auch Giles Eltern kennen gelernt. Es gab ganz traditionell Earl Grey Tea mit Scones und Zitronenkuchen 🙂 Dann hatte ich noch einen etwas emotionalen Moment durch die Katze von Rosys Eltern, Katinka oder kurz Kat. Eine ganz süße kleine schwarz, weiße Katze mit nur einem halben Schwanz und einem Schlitzohr, die Rosys Eltern zugelaufen und einfach mal so eingezogen ist. Rosy hat sie mir so in den Arm gedrückt damit ich sie knuddeln kann, aber das hat mich dann doch etwas zu sehr an zu Hause erinnert und dann musste ich erstmal hoch in mein Schlafzimmer flüchten um ein Paar Tränchen zu weinen. Bin wohl doch nicht ganz ohne heimwehlos, wie gedacht...

Und diese Katze ist super toll, weil sie einfach gar keine Angst vor Fremden hat und am Sonntag direkt obwohl da ganz viele Fremde waren zu allen gekommen ist und sich schmusen gelassen hat. Auch mit Connie war sie richtig gut und hatte gar keine Angst, auch wenn Connie mal etwas ungelenke schnelle Bewegungen gemacht hat.

Nach dem Abendessen bin ich dann noch zum Strand spaziert. Einfach so geil, dass hier alle ganz nah am Meer wohnen 🙂 Die Wolkendecke hat sich zwar über den Mittag verzogen und es war in Liverpool auch etwas wärmer als im Lakedistrict, aber trotzdem, der Wind war einfach kaum auszuhalten. Dafür war der Sonnenuntergang umso schöner:

Auf dem Bild links sieht man eine Statue von 100 Statuen. Der Künstler Antony Gormley hat diese, die ihn selbst nackt darstellen gefertigt und sie überall am Strand überall verteilt aufgestellt. Manche näher am Strand, andere standen schon bis zur Hüfte oder weiter im Wasser. Der Künstler sagt, dass das Kunstwerk das Verhältnis zwischen Mensch und Natur darstellt. Für mich hatten die Figuren etwas sehnsüchtiges, da ihr Blick weit hinaus ins Meer gerichtet ist. Aber im aller ersten Moment war es für mich nicht ersichtlich, dass es sich um Statuen und nicht um echte Menschen handelt 😀 Zuerst dachte ich da würde eine Sekte den Sonnenuntergang anbeten oder so xD

Jedenfalls wurde mir schnell zu kalt und so bin ich wieder heim zu Rosys Eltern.

 

Sightseeing in Liverpool (Montag, 13.04.2015)

Den Montag Morgen habe ich mit etwas zu deutschem Denken angefangen. Sonntag Abend haben wir ausgemacht, dass wir so gegen 8 frühstücken. Bei meiner Oma hätte auch um Punkt 8 Uhr das Frühstück auf dem Tisch gestanden, aaaaaber hier sind die Menschen einfach viel gechillter als in Deutschland. Ich habe mir den Wecker für kurz vor 8 gestellt, damit ich pünktlich am Tisch sein kann, aber die anderen haben alle bis halb 9 im Bett gelegen 😀 und so haben wir erst um 9 Uhr gefrühstückt.

Rosys Mum ist dann nach dem Frühstück mit mir zusammen nach Liverpool reingefahren. Sie hat mich zum Albert Dock begleitet, dort etwas herumgeführt und mir erklärt, dass dort vor ein Paar hundert Jahren Sklavenhandel betrieben wurde. Mit dem Verkauf von Sklaven und Baumwolle wurde Liverpool zu dieser Zeit reich (Liverpool war damals sogar die zweitreichste Stadt Englands).

Dann hat sie mir noch geholfen den Stadttourbus ausfindig zu machen und mir gezeigt in welche Richtung die beiden großen Kathedralen Liverpools liegen. Nach ein Paar weiteren Tipps hat sie sich dann verabschiedet und mich mir selbst überlassen. Um möglichst viel zu sehen habe ich mir dann gleich ein Fähren-Stadtrundfahrt-Kombi-Ticket gekauft. Ich musste noch 20 Minuten auf den Beginn der Rundfahrt warten, also habe ich nocheinmal einen genaueren Blick auf das Albert Dock und Umgebung geworfen:

Dann wurde es Zeit auf die Fähre zu gehen und joa dann bin ich eben ein bisschen Schiff gefahren und habe mir Liverpool auch von der anderen Flussseite anschauen können.

Das ist übrigens die anglikanische Kathedrale aus der Entfernung. Einfach abgefahren wie unnormal riesig die ist, bei wikipedia steht sie sei die fünftgrößte Kathedrale der Welt!

Als dann die Fährentour rum war bin ich auf den Stadtbus aufgesprungen und mit dem bis zur katholischen Kathedrale gedüst. Ich betrachte dieses Gebäude mit relativ gemischten Gefühlen. Einerseits ist das Licht in der Kathedrale durch die blauen Fenster total schön und mystisch, aber andereseits sieht von außen einfach monströs aus!

Dann bin ich zur anglikanischen Kathedrale, die übrigens im 20. Jahrhundert erst erbaut wurde, gelaufen. Dieses riesige Gebäude erschlägt einen einfach förmlich.

Die Kathedrale ist einfach mal so groß, dass die dort ein kleines Restaurant eingebaut haben in dem ich dann mein Mittagessen genossen habe (ein gemischter Salat aus Rucola, grünem Salat, Orangen, Rote Beete, Möhren etc. und obendrauf gebratener Ziegenkäse).

Gesättigt und stolz auf meinen gesunden Lunch bin ich dann runter nach Chinatown gelaufen. In Liverpool lebt eine der größten und ältesten chinesischen Gemeinden Europas. Außerdem gibt es dort hunderte chinesische Restaurants, Geschäfte, die Straßenschilder sind auf Chinesisch und auf Englisch beschriftet und die Laternen sind grünlich und mit Drachen verziert. Sogar die Parkticketautomaten sind grünlich und mit Drachen dekoriert. Außerdem gibt es dort das größte chinesische Tor außerhalb Chinas:

In Chinatown wollte ich dann nochmal auf den Bus aufspringen um zurück zu den Docks zu fahren, aber da wäre der Busfahrer doch glatt an mir vorbei gefahren wenn ich ihm nicht wild gewunken hätte :D

Zurück im Hafen bin ich dann noch ins Merseyside Maritime Museum gegangen. Dort gibt es allerhand Ausstellungen zur Hafengeschichte Liverpools. Hier nur ein Paar interessante Fakten:

  1. Zwangsemigration englischer Kinder:
    • bis 1960 wurden englische Waisen und Kinder aus ärmlichen Verhältnissen oder schlechtem sozialem Hintergrund, oder zur Zeit der Weltkriege als Evakuierung zwangsweise in die englischen Kolonien verschifft um dort ein neues "besseres" Leben zu beginnen. Jedoch war das Leben der Kinder dort häufig von Missbrauch und harter körperlicher Arbeit geprägt. Manche Kinder hatten Glück und waren im Ende sogar froh emigriert zu haben, aber andere litten und leiden heute noch unter dem Verlust ihrer Familie
    • über 100.000 Kinder sind emigriert
  2. Homosexuelle Seefahrer:
    • der Beruf des Seefahrers war in den 50er und 60ern unwahrscheinlich beliebt unter homosexuellen Männern. Über 50 % der damaligen Seemänner waren homosexuell und konnten durch die Seefahrt ihre Neigungen frei ausleben, weil Homosexualität in GB damals verboten war.
  3. Sklaven und Menschenhandel:
    • einfach erschreckend, wie der Sklavenhandel vonstatten ging. Für mich ist es kaum vorstellbar wie es gewesen muss wochenlang unterdeck in einem engen, stickigen, dunklen Raum, angekettet und zwischen anderen Menschen eingeklemmt zu liegen und auf ein genauso elendes Leben als Sklave zu warten.
    • Sklaven waren eines der wichtigsten "Exportprodukte" Liverpools
    • Wichtige Ausstellung, da der Sklavenhandel ein häufig verschwiegenes Thema in der englischen Geschichte ist. Es ging in der Ausstellung nicht nur um den Handel an sich, sondern auch um die afrikanischen Kulturen und die afrikanische Identität

Eigentlich wollte ich dann noch in das Museum zur Geschichte Liverpools gehen, aber da hatte ich nicht mehr sooo viel Lust drauf und es war auch schon relativ spät. Also bin ich nurnoch etwas durch die Stadt geschlendert, war kurz im Aldi (nur um zu gucken, wie es da so ist. Ist im großen und ganzen gleich wie in Deutschland, aber eben von den Produkten her auf den englischen Markt angepasst. Die Engländer lieben übrigens Aldi und Lidl, abgesehen davon das die Kassierer einem die Produkte immer entgegenwerfen) und bin dann nochmal zurück zu Rosys Eltern gefahren.

Das wars über meinen Tag in Liverpool. Es war äußerst interessant und die verzierten Gebäude und die ganzen Denkmäler dort waren super schön, aber mir hat ein bisschen grün, ein Bäumchen hier und da, gefehlt. Trotzdem bin ich richtig froh, dass Rosy mich mit zu ihrer Familie genommen hat, und dass ihre Schwester und ihre Eltern mich mit großer Freude und Gastfreundschaft empfangen haben.

Heute Morgen haben wir nocheinmal alle zusammen gefrühstückt und Grandpa Phil hatte heute Geburtstag, also haben wir etwas später noch Kuchen gegessen und ihm ein Ständchen gesungen. Dann sind wir ca. 8 Stunden noch einmal hoch in den Norden gefahren (auf den Autobahnschildern steht hier wirklich "The North" und "The South") und joa, das wars 🙂

Morgen beginnt hier wieder der Alltag, abgesehen davon, dass ich Morgen Abend meinen ersten Besuch aus der Heimat empfangen kann! Ich freue mich schon auf Euch Flo und Kai <3

Gutes Nächtle und bis bald!

Eure Sabrina 😉